Anno 1905 - Arbeiter-Radfahr-Vereine gründen sich und tragen rote Schärpen
Den Eintritt in bürgerliche Sportvereine war den Arbeitern im Kaiserreich weitestgehend verwehrt. Die Aufhebung der Sozialistengesetze am 25. Januar 1890 ermöglichte es Arbeitern, sich in sozialdemokratischen Vereinen zu organisieren.
Es dauerte allerdings noch sechs Jahre, bis sich im Jahr 1896 in Offenbach der "Arbeiter-Radfahrerbund Solidarität" (ARB) gründete. Ein erster Gründungsversuch im Jahr 1893 in Leipzig war trotz der Aufhebung des sozialisstengesetzes noch verboten worden. Der Sitz des ARB war zunächst in Chemnitz. Im Jahr 1907 wurde er nach Offenbach verlegt.
In Unna wurden Arbeiter-Radfahrer-Vereine erstmals 1905 erwähnt, als in einer Annonce der Arbeiter-Radfahrer aus Unna und Umgegend zu einer Besprechung ins Lokal von Otto Jung in der Uhlandstraße 5 gebeten wurden.
Rote Schärpen als Provokation
Im Mai 1907 veranstaltete der Arbeiter-Radfahrer-Verein „Solidarität“ ein großes Fest. Beim Umzug durch die Unnaer Straßen schmückten sich einige Teilnehmer mit roten Schärpen und roten Halsbändern. Die Polizei verhängte daraufhin Geldbußen wegen "groben Unfugs". Auf erhobenen Widersspruch bestätigte das Unnaer Schöffengericht die Strafe. Die Strafkammer des Dortmunder Landgerichts musste sich Anfang 1908 mit der Angelegenheit zu beschäftigen; das Urteil der Strafkammer lautete diesmal auf Freisprechung.
Weitere Arbeiter-Radfahrer-Vereine gründen sich
Am 5. November 1907 gründete sich im Restaurant des Herrn Friedrich Meininghaus in der Königstraße 4 ein Radfahrerverein unter dem Namen "Triumpf". Es wurde u.a. zum nächsten Sonntag nachmittag 4 1/2 Uhr eine General-Versammlung anberaumt, wozu säntliche Interessenten und dienenigen, die sich aufnehmen lassen wollen, hierdurch per Annonce eingeladen wurden.
In einer Auflistung des Hellweg-Museums anlässlich einer Ausstellung zu Vereinen in Unna finden sich in den Jahren 1910-1912 weitere Arbeiter-Radfahrer-Vereine mit den schönen Namen „Vorwärts“ (Lünen), „Wanderlust“ (Billmerich), „Immerblüh“ und „Morgenrot“.