Anno 1900 - Der Radfahrer hat eine Radfahrkarte bei sich zu führen
Am 16. April 1904 gab die Polizei-Verwaltung zu Unna eine Radfahrkarte mit der Nummer 346 an Herrn Karl Beckmann aus.
Am 2. November 1900 erließ der Oberpräsident der Provinz Westfalen in Münster eine neue Polizeiverordnung. Nach dieser hatte ab dem 1. Januar 1901 „jeder Radfahrer eine von der Ortspolizeibehörde ausgestellte Radfahrerkarte bei sich zu führen“. Die Ortspolizei konnte sich Kosten von den Radfahrern erstatten lassen und die Karte musste jährlich erneuert werden.
Urkundenfälschung
Um sich diese Kosten zu sparen, hatte im Jahr 1903 der Bergmann Paul Petersitzki aus Kamen eine Fälschung begangen, indem er aus der Jahreszahl 1901 1903 machte. Von einem Polizeibeamten wurde jedoch die Fälschung bemerkt. Petersitzki hatte sich damit der Urkundenfälschung schuldig gemacht, was er mit zwei Tagen Gefängnis büßen mußte.
Im Jahr 1905 verfügte der Oberpräsident, dass die Radfahrerkarten fortan eine Gültigkeit von drei Kalenderjahren haben sollen. Ab 1908 galten das gesamte Deutsche Reich betreffend allgemeine Vorschriften für den Radverkehr. Damit war die jährliche Beantragung nicht mehr notwendig und die Radfahrkarten behielten ihre Gültigkeit.
Auf der Rückseite der Radfahrkarten gabe es einen Auszug aus der damaligen Polizeiverordnung.
Auszug aus der Polizeiberordnung, betreffend den Verkehr mit Fahrrädern auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen. Die für den Fuhrverkehr geltenden Vorschriften finden auf das Fahren mit Fahrrädern auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen sinngemäß Anwendung, soweit nicht in den folgenden Paragraphen andere Bestimmungen getroffen sind. Bei dem Fahren mit Fahrrädern dürfen, sofern nicht besondere Wege für den Fahrradverkehr eingerichtet sind, nur die für Fuhrwerke bestimmten Wege und Straßen benutzt werden. Außerdem ist der Fahrradverkehr außerhalb der geschlossenen Ortschaften auch auf den neben den Fahrstraßen hinführenden Banketten gestattet.- Bei Benutzung dieser Bankette und der Fußwwege haben die Radfahrer den Fußgängern in jedem Falle auszuweichen und bei lebhaften Fußgägnerverkehr langsam zu fahren. - Jeder Radfahrer ist zu gehörigen Vorsicht bei der Leitung seines Fahrrades verpflichtet. - Uebermäßig schnelles Fahren, Umkreisen von Furhwerken Menschen und Thieren und öhnliche Handlungen, welche geeignet sind, Menschen oder Eigenthum zu gefährden, den Verkehr zu stören, Perde oder andere Thiere scheu zu machen, sind verboten. - Wwettfahrten auf öffentlichen Wegen, Straße und Plätzen befürfen eder Genehmigung der Wegepolizeibehörde. - Innerhalb der Ortschaften und überall da, wo ein lebhafter Verkehr von Wagen, Reiter, Radfahrern oder Füßgängern stattfindet, darf nur mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren werden. Beim Passiren von engen Brücken, thoren udn Straßen, beim Einbiegen aus einer Straße in die andere, biee schaften unübersichtlichen Straßenkrümmungen, bei der Ausfahrt aus Grundstücken, die an öffentliche Straßen liegen und bei der Einfahrt in solche Grundstükcke muß so langsam gefahren werden, daß das Fahrrad nöthigenfalls auf der Stelle zum Halten gebracht werden kann. (§5 Abs. 2.) - In allen diesen Faällen, sowie beim Bergabfahren, ist es verboten, beide Hände gleichzeitig von der Lenkstange oder die Füße von den Pedalen zu nehmen. - Während der Dunkelheit sowie bei starkem Nebel ist jedes Fahrrad mie einer hell brennenden Latern zu versehen. Ihr Licht muß nach vorn fallen, ihre Gläser düren nicht farbig sein. - Jedes Fahrrad muß mit einer sicher wirkenden Hemmvorrichtung und einer helltönenden Glocke versehen sein.- der Radfahrerr hat entgeggenkommenden, zu überholende, in der Fahrtrichtung stehednde oder dier Fahrrichtung kreuzende Menschen, insbesondere auch die Führer von Fuhrwerken, Reitern Treiber von Vieh u. w. w. durch deutlich hörbares Glrockenzeichen rechtzeitig auf das Nahen des Fahrrades aufmerksam zu machen. - In gleicher Weise ist dasGlockenzeichen zu geben vor Straßenkreuzungen sowie in den § 5 Absatz 2 angeführten Fällen. Mit dem Glockenzeichen ist sofort aufzuhören, wenn Pferde oder andere thiere dadurch unruhig oder scheu werden .-- Zweckloses oder belästigendes Läuten ist zu unterlasssen. Entgegenkommende Fuhrwerken, Reitern, Radfahrern, Fußgängern, viehtransporten u.s.w. hat der Radfahrer rechzeitig und genügend noch rechts auszuweichen, oder, fals die oOertlichkeit oder sonstige Umstände die nicht gestatten, sol lange anzuhalten oder abzusteigen, bis die Bahn frei ist.- Das Ueberholen von Fuhrwerken u.s.w. Seites der Radfaher hat nach der für Fuhrwergek vorgeschriebenen Seite zu erfolgen.- An den Ecken und Kreuzungsppunkten von Straßen, auf schmalen Brücken, in Thoren, sowie überall, wo die Fahrbahn durch Fuhrwerke u.s.w. verengt ist, ist das Ueberholen verboten. - Wenn ein Pferd oder ein anderes Thier vor dem Fahrahrede scheut, oder wenn sonst durch das Vorbeifahren mit dem Fahrreade Menschen oder Thiere in Gefahr bebracht werden, so hat der Radfahrer langsam zu fahren oder erfoderlichen Falslls sofort abzuteigen. - Geschlossen maschierenden Truppenabtheilungen, Königlichen oder prinzlichen Equipagen, Leichen- und anderen öffenntlichen Aufzügen, den Fuhrwerken der Kaiserlichen Post und der Feuerwehr, sowie den Fuhrwerken, welche zu Besprengung voer Reinigung der öffentliche Straßen dienen, it von dem Radfaher überall völllig Raum zu geben.- Auf den Haltruf eines polizeilichen exekutvbeamten ist jeder Radfahrer verpflichtet, sofort anzuhalten und abzusteigen.- Uebertretungen dieser Verordnung dud der darin vorbehaltenden Anordnugnen der Wegepolizeibehörden werden mit Geldstraße bi zu 60 Mark, im Unvermögensfalle mit ensprechender Haft bestraft, soweit nicht nach den allegemeinen Strafgesetzen einer hörtere Strafe eintritt.