Anno 1894 - Mehr Licht
Es war eine dunkle Zeit! Lichtverschmutzung war als Wort noch nicht bekannt. Erst 1842 wurde in Unna eine Straßenbeleuchtung eingeführt, die 10 Laternen umfasste, die mit pflanzlichen Öl betrieben wurden und eine eher geringe Leuchtkraft besaßen.
Zunehmender Verkehr erforderte dringend bessere Lichtverhältnisse. Gaslaternen waren das Maß der Dinge und es wurde an der heutigen Leibnizstraße im Jahr 1860 das erste Gaswerk gebaut, welches das Gas für 45 Laternen vorrangig an Straßenkreuzungen lieferte.
Bei zunehmenden Radverkehr erließ der Ober-Präsident der Provinz Westfalen1894 eine Polizeiverordnung. Im Paragraphen 9 wurde vorgeschrieben, dass „bei starkem Nebel oder bei Eintritt der Dunkelheit und während derselben“ jedes Fahrrad während der Benutzung eine „hellbrennende Laterne“ mitzuführen hat, „deren Licht unbehindert nach vorn fällt“. „Die Verwendung roth oder grün geblendeter Laternen ist verboten.“ Im selben Absatz wurde auch das Mitführen einer Glocke oder Signalpfeife vorgeschrieben, mit denen man sich „bereits in einer Entfernung von 50 Metern“ durch ein notfalls zu wiederholendes Signal bemerkbar machen muss, wenn man „Fuhrwerke, Zug- und Reitthier sowie Menschen begegnet, oder solche überholt, desgleichen, wenn er um Straßenecken biegt“.
Ein Fabrikarbeiter aus Fröndenberg wurde im Jahr 1904 wegen Fahrens mit einem Fahrrade ohne brennende Laterne mit einer Ordnungsstrafe in Höhe von 3 Mark belegt. Er klagte dagegen, allerdings wurde vom Gericht die polizeilich festgesetzte Strafe bestätigt.
Im September 1904 wurde erstmals ein Schaufenster mit einer Gaslaterne beleuchtet.
Am Neubau der Firma Thöne & Ruland in der Bahnhofstraße 3 eine Beleuchtungsprobe für die Schaufenster vorgenommen. Um den notwendigen Gasdruck zu erzeugen, hat die Firma eine Sauggasanlage angelegt. Der Hellweger Anzeiger und Bote berichtete, dass nach der Beleuchtungsprobe „wir als unparteiisch gestehen, daß das erzeugte Licht als ein glänzendes zu bezeichnen ist und alle anderen in den Schatten stellt. Die Straßenlaternen mit den doppelten Brennern verschwinden völlig gegen die oben erwähnte Schaufenster-Beleuchtung.“
Am 5. Oktober 1904 berichtete der Hellweger Anzeiger und Boten von einem Unfall wegen fehlender Laterne. „Gar mancher Radfahrer liebt es, abends ohne brennende Laterne zu fahren. Die unangenehmen Folgen hiervon mußte gestern abend ein Radler am eigenen Leibe erfahren. In der Kaiserstraße wurde nämlich ein über die Straße gehender Mann von einem ohne Laterne daherkommenden Radler überfahren. Während der Überfahrene mit leichten Hautabschürfungen davonkam, wurde der Radfahrer derartig zur Seite geschleudert, daß er nur mit Mühe nach seiner Wohnung gelangen konnte. - Noch gefährlicher ist es aber und gradezu grober Unfug, wenn sogar Motorräder ohne Laterne in der Dunkelheit fahren, wie wir es gestern abend 8 Uhr ebenfalls in der Kaiserstraße zu beobachten Gelegenheit hatten; gegen diese Unsitte muß auf alle Fälle eingeschritten werden.“
Im November 1904 wurde an der Iserlohnerstraße eine Gasbeleuchtung angelegt. Dies erzeugte Wünsche auch bei Anwohnern anderer Straßen. Der Hellweger Anzeiger und Bote greift die Forderungen von Anwohnern des Obermassener Kirchwegs auf.
„Diese Leute meinen, und unserer Ansicht nach mit Recht, daß am Obermassener Kirchweg noch eher die Beleuchtung erforderlich war, wie an der Iserlohnerstraße. Nicht nur ist der Obermassener Kirchweg stark bevölkert, sondern die Straße weist auch einen sehr lebhaften Verkehr auf, besonders zur Nachtzeit. Die Ursache hiervon ist in dem Schichtwechsel der Zeche "Massen" zu suchen, weshalb eine größere Zahl Bergleute von und zum Zechenzuge die genannte Straße passieren muß.“ Die Zeitung beschreibt die „Gasbeleuchtung auf dem Obermassener Kirchweg eine dringende Notwendigkeit.“
Elektrisches Licht wird erst seit Ende 1907 in Unna thematisiert. So fand am 11. Dezember 1907 abends 8 1/2 Uhr im Saale des Herrn Emil Risse am Markt 14 ein „Vortrag über Anwendung des elektrischen Stromes für Licht-, Kraft- und Heizzwecken unter Vorführung der bezüglichen Apparate“ statt.
Helle Fahrradlaternen waren zu damaliger Zeit Karbid-Lampen. Ein Stück Karbid wurde vom Radfahrer in eine Schublade gelegt und über ein Drehknopf konnte dosiert Wasser darauf geträufelt werden. Das dabei entstehende Gas war Acetylen, welches mit heller Flamme verbrannt werden konnte. Damit der Gasstrom beim Durchfahren von Schlaglöchern nicht abriss und die Laterne ausging, waren die Laternen schwingend angebracht.
Walter Staby verkaufte Lampen aus Nickelblech mit 60 bis 80 mm Linsen zwischen 6 und 12 Mark. Die Lampen waren, wie heute auch wieder erlaubt, abnehmbar. Die Radfahrenden benötigten dazu noch einen Laternenhalter für das Steuerrohr oder auch für die Vorderradachse, welche 40 - 50 Pfennige kosteten.