Hermann Strahl (ADFC), Susanne Singerhoff, Klaus Caspari, Gaby Jöhnk (ADFC) © Werner Wülfing

Drahtesel des Jahres 2018

Susanne Singerhoff & Klaus Caspari

Susanne Singerhoff: Trotz Barrieren, lächelnd durch das Stadtleben!

Susanne Singerhoff führte 1996 die Liebe nach Unna. Und inzwischen ist sie eine liebevolle Bereicherung unserer Innenstadt. Lächelnd mit ihrem Hund Mogli an der Leine strampelte sie lange mit einem auffälligen Liegerad und jetzt mit einem sonderlichen Rollstuhl mit Zugmaschine durch die Fußgängerzone. Irgendwann grüßt man sich, irgendwann kommt man ins Gespräch. Und dann kommt man auf ganz viele gemeinsame Interessen. Und neben vielem Schönen fairbinden uns die Rollwiderstände in Unnas Leben. Davon sind die Rollstuhlfahrer noch viel härter getroffen als wir Normalradler. Susanne erfährt am eigenen Leibe bzw. Lebensradius, dass der eingesparte Bahnhofsfahrstuhl sie aus dem Bahnverkehr ausschließt, zugeparkte Bürgersteige sie zur komplizierten Umkehr zwingen. Bürgersteigwurzeln und Schlaglöcher sie und den Rollstuhlrahmen ermüden. Steigungen wie am Königsborner Tor den Akku leeren und ihren Radius verkürzen. Stufen vor Geschäften ihr den Zugang sperren, ebenso wie immer vollgestelltere Gänge ihr den Einkauf in einigen Geschäften unmöglich machen. Leider reicht die Kraft nicht mehr für ihr hochintelligentes Liegerad. „Aber auch in meinem Rollstuhlgespann steckt ganz viel Fahrradtechnik. Die Elektroradentwicklung verbessert und verbilligt bei Akkus und Anderem auch die Rollstuhlbeweglichkeit.“
Und sie freut sich über Fortschritte, Rampen und rollstuhlfreundliche Toiletten wie bei Venetia, die Bordsteinabsenkungen im ganzen Innenstadtbereich, die Ankündigung jetzt doch noch den verhinderten Fahrstuhl im Bahnhof nachzubauen... Und sie warnt mit ihren Ängsten: „Wenn am Königsborner Tor Fußgänger, Radfahrer und Rollstühle in Mischverkehr gezwungen werden, wird es zu schweren Unfällen kommen – oder die verängstigten Rollstühle müssen einmal mehr Umwege fahren!“
Aber Susanne hofft, dass Herzen und Hirne in Politik und Verwaltung anspringen. Sie, die von Geburt unterentwickelte Hüftgelenke hat, läßt sich die Laune nicht nehmen. Ihrem Namen verpflichtet, gibt Singen ihr Hoffnung. Sie erhebt Ihre Stimmer gern bei Hochzeiten und Feiern und im Gespräch Radler*innen über Unnas Schlaglöcher und Schlaglichter. Sie lebt gern hier, könnte es aber noch gerner, Werner (Appell des ADFC an BM Werner Kolter).

Klaus Caspari: Der patente Pate der Flüchtlingsräder

Seit Sommer 2015 Neubürger in Unna. Wie lernt man in Unna nette Menschen kennen? Beim guten Tun. Er schaute sich um und fand bei den Caritas Flüchtlingshelfern eine Aufgabe und interessante Menschen. Nach Mitwirkung in der Postgruppe übernahm er im

Frühjahr 2017 den Posten des Flüchtlingsräder-Koordinators. Wie kann man die knappen Räder von sehr unterschiedlicher Qualität konfliktarm und möglichst gerecht unter die vielen Nachfrager fairteilen?
Arbeits- oder Schulweglänge, Kinderzahl, Gehbehinderungen... Monat für Monat wägt er im Gespräch mit den betreuenden Paten die Bedürftigkeit ab. Er sichtet den Räderbestand und am dritten Montag im Monat hat er dann seine Liste zusammen. Durchnummerierte Berechtigungsscheine machen einigermaßen entspannte Rad-Ausgabe möglich. Er hat auch ein Auge darauf, wo Kindersitze nötig sind oder wer am dringensten einen Korb, eine Pumpe oder Flickzeug braucht.

Vordrängen oder Tricksereien blockt er mit Ruhe und Autorität freundlich ab. Und er ist immer auf der Suche nach Optimierungen. Seit drei Monaten bekommen die Flüchtlinge selbstentwickelte Fahrrad-Pässe. Hat ein Discounter preiswerte Schlösser, schlägt Klaus zu. Und er war auch Motor für die erfolgreiche Spendenbitte für Kinderhelme bei der Bürgerstiftung. Seit November bekommen Kinder und Jugendliche einen Fahrradhelm mit dem verkehrssicheren Rad.

Selbst fährt Klaus Caspari natürlich auch Rad, Der 67jährige hat inzwischen ein heißes E- Bike. Auch er geht in seiner neuen Heimat gern auf geräderte Entdeckungsreisen. Und von Ententeich bis Kurpark-Bistro genießt er gern auch Unnas Radraststätten. „Radfahren ist für alle eine wunderbare Integrationshilfe. Die Flüchtlinge kommen aus ihren meist am Stadtrand gelegenen Unterkünften ins städtische Leben. Und wir alle begegnen uns auf Augenhöhe ohne Windschutzscheibe dazwischen.“ Dazu muss man sagen, dass Klaus Caspari auch gern zu Fuß durch Unna spaziert.

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