Anno 1902 - Erste Fahrraddiebstähle
Fahrräder hatten Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur einen hohen Nutzwert, sondern auch einen hohen materiellen Wert. So wurden sie für Diebe Gegenstand der Begierde. Fahrraddiebstähle häuften sich und die Zeitung befand sie für berichtenswert.
Zum ersten Mal berichtete der Hellweger Anzeiger und Bote am 9. September 1902 von einem Diebstahl eines Rades. Aus dem Hausflur eines Hauses in der Kaiserstraße wurde am Abend des 7. September 1902 ein Fahrrad der Marke Dürkopp gestohlen. Es hatte einen schwarzen Rahmen mit gelben Radfelgen. Die Rahmennummer war 99176. „Der Verdacht des Diebstahls lenkte sich auf einen Arbeiter, der zur Zeit des Diebstahls in dem Hause gebettelt hat“.
Auch im Jahr 1903 wurden weitere Diebstähle in der Presse vermeldet. Ein besonders dreister Dieb hatte es am 4. Januar 1903 in Niedermassen auf das Rad des Polizei-Sergeanten Elsermann abgesehen. Als der Polizist sein vor der Wirtschaft Richter hingestelltes Fahrrad wieder besteigen wollte, war dasselbe verschwunden. Das Rad schien wohl mit einem Schloss gesichert worden zu sein, denn der Sergeant holte den Dieb, welcher in einiger Entfernung mit dem „Rade auf dem Rücken“ davon eilte, wieder ein und verhaftete denselben.
Am 11. Juni 1903 wurde aus dem Hausflur einer an der Bahnhofstraße gelegenen Restauration abends gegen 7 Uhr ein wertvolles rotlackiertes Fahrrad mit nach unten gebogener Lenkstange gestohlen. Der „Spitzbube“ soll, wie gemeldet wurde, den Weg über die Kaiserstraße nach „Camen“, wie unsere Nachbarstadt damals geschrieben wurde, hinabgefahren sein.
Gefängnis für Fahrraddiebstahl
Am Dienstag den 18. August wurde gegen 22:00 Uhr dem Wirt der Wirtschaft Ruck an der Kaiserstraße 1 ein dort für kurze Zeit vor der Haustür aufgestelltes Fahrrad "Hohenzollern" entwendet. An dem Fahrrad befand sich ein Schild mit der Aufschrift: "Erste Hagener Fahrradfabrik von Otto Wiebusch". Die Lenkstange war leicht nach unten gebogen. Der Sitz des Rades war ein kleiner leichter Rennsattel. Die Felgen waren schwarz und die Speichen vernickelt. Von den Dieben fehlte zunächst noch jede Spur. Aufgrund der guten Beschreibung konnte der Diebstahl schnell aufgeklärt werden. Der Dieb, der Schlosser Wilhelm B. aus Schwerte, wurde in Hörde, wo er das Rad für 17 Mark verkaufen wollte, verhaftet. Im Januar 1904 wird berichtet, dass der Dieb für seine Tat mit 4 Wochen Gefängnis bestraft wurde.
Nicht nur Gelegenheitsdiebe, sondern auch Kriminelle begangen 1903 Fahrraddiebstähle Am 15. September wurde in der Nacht vom Montag zum Dienstag in die Werkstelle des Fahrradgeschäfts von Walter Staby an der Bahnhofstraße eingebrochen und dort ein Mantel, ein Sattel, ein Schlauch sowie mehrere Schraubenschlüssel entwendet. Der Mantel wurde nachmittags auf dem Hofe desselben wiedergefunden.
Auch der Diebstahl am 18. September, bei dem in Königsborn zwei vor einer Wirtschaft stehende Fahrräder entwendet worden sind, konnte aufgeklärt werden. Der Dieb hatte auf den Namen des wirklichen Eigentümers bei dem Ziegelmeister einer in der Nähe von Kamen gelegenen Ziegelei für den Betrag von 5 Mark versetzt.
Am 28.10.1903 wurde Am Nachmittag gegen 4 Uhr wurde auf der Massener Straße einem Bergmann aus Heeren ein Fahrrad, Halbrenner, Nr. 6315, aus der Fabrik von Baer u. Hempel, mit halb gebogener Lenkstange und weißen Radfelgen, entwendet. Der Bestohlene hatte das Rad vor die Türe eines Geschäftshauses gestellt, in dem er kurze Zeit zu tun hatte.
Auch in den Folgejahren wurde noch mehrfach von weiteren Diebstählen und einem Einbruch in einer Fahrradwerkstatt berichtet.
Sicherung durch Fahrradschlösser
Zum Ab- und Anschließen bot Walter Staby in seinem Katalog Schlösser an. Ein Schloss mit Kette zum Anschließen des Hinterrades kosteten damals 75 Pfennige.
Heute völlig unbekannt sind die Pedalkurbelschlösser (siehe Bild), mit denen man die Nutzung der Tretkurbel einschränkte. Ein Modell namens "Lipsia" war vernickelt und kostete 1,50 Mark. Die Fahrräder damals waren, wie wir es heute sagen würden, "Fixis". Tretkurbel und Hinterrad drehten sich starr im Gleichklang. Wurde die Tretkurbel blockiert, drehte sich auch nicht das Hinterrad. Ein leichtes Wegschieben war nach Arretierung der Pedalarme nicht möglich. Dies änderte sich erst mit der Erfindung der Nabenschaltung und dem Freilauf. Das erste Patent einer Freilaufnabe mit zwei Gängen entwickelte Fichtel & Sachs im Jahr 1907. Durch den Freilauf wurde die Fixierung von Hinterrad und Pedalkurbel gelöst. Ein Abheben der Füße von den Pedalen und Auflegen auf Stützen an der Gabel bei schneller Bergabfahrt war nun nicht mehr notwendig. Allerdings verlor hierdurch diese Schlossart an Bedeutung, da ein leichtes Wegschieben des abgeschlossenen Rades nun möglich war.