Ehemalige Treffpunkt des Radfahrer-Vereins Vehmlinde. © Public domain

Tremonia - Dortmunder Fahrradgeschichte erfahren

Lieblingstour des Tourenleiters Werner Wülfing

• Start: Rathausplatz Unna / Freistuhl Dortmund

• Länge: 72 km / 35 km

• Topographie: flach

In den mittelalterlichen Anfängen wurde Dortmund mit „civitas nostra Tremoniensis imperalis“, kurz „Tremonia“ bezeichnet. Der ursprüngliche Stadtname Dortmunds war in späteren Zeiten Namensgeber einer Dortmunder Schachtanlage, einer Zeitung (heute Ruhr-Nachrichten) sowie mehrerer Dortmunder Fahrradmarken. Dortmund kann auf eine im Vergleich zu anderen Städten sehr frühe und vielfältige Fahrradgeschichte zurückblicken. Auf einer 35 km langen Rundtour rund um Dortmund können Sie die spannende Velo-Historie erfahren. 

Tourstart unter der Vehmlinde

Unter der Vehmlinde am Dortmunder Freistuhl trafen sich Fahrradfreunde zu einer Ausfahrt vermutlich schon vor über 130 Jahren. Im Jahr 1885 schlossen sich Freunde des Zweirades zum Radfahrer-Verein „Vehmlinde“ zusammen. Fünf Jahre zuvor hatte sich bereits der Radfahrer-Verein „Vorwärts“ gegründet. Die meisten Mitglieder waren Männer, meist wohlhabende Kaufleute, die damals noch Hochräder fuhren. Mit der Erfindung des Sicherheits-Niederrades 1885 wurde das Fahrrad massentauglich. Im Jahr 1897 gab es in Dortmund bereits neun Radvereine: RC Blitz, RC Eilrad, RV Germania, RV Nicht zu knapp, RC Oskar Balla, RV Rothe Erde, RV Vehmlinde 1885 und RV Vorwärts 1880/90. Dem Männer-RV durften satzungsgemäß nur Männer beitreten.

Der Freistuhl mit seiner Vehmlinde war eine mittelalterliche Richtstätte, die zunächst vor den Toren der Stadt lag. Hier wurde Gericht gehalten und je nach Urteil wurden die Gesetzesbrecher gleich am oder unter dem Baum gerichtet. Die ehemalige Stadtmauer verlief auf dem heutigen Königswall. Die Vehmlinde stand ursprünglich weiter nördlich. Durch den Bau des Bahnhofes im Jahr 1847 und den Neubau 1910 musste der Freistuhl samt Vehmlinde mehrfach in südlicher Richtung weichen.

Alte Dortmunder Fahrradmarken

An der Nordseite des heutigen Karstatt Sport - Kaufhauses war bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges das Rathaus von Dortmund. Zur Erinnerung findet man hier noch eine Tafel. Erbaut nach dem Stadtbrand 1232 wurde es 1897-1899 umgebaut und erhielt nun einen treppenförmigen Giebel. Diesen Giebel findet man auf dem Steuerkopfschild der Fahrradmarke „Tremonia“, die ab 1955 von Walter Gräwe vertrieben wurde. Im Handbuch der deutschen Fahrradmarken werden insgesamt 40 Fahrradmarken gelistet, die in Dortmund produziert worden sind.

Radrennbahnen

Rennen waren in Dortmund schon immer sehr beliebt. Unser Tourenvorschlag führt Sie an allen vier historischen Radrennbahnen vorbei. Lediglich von der letzten Bahn, die ab dem Jahr 1937 von der Deutschen Arbeitsfront im Hoeschpark errichtet worden war, sind noch Reste erhalten. Der Park diente vorwiegend zur Naherholung der Industriearbeiter und als grüne Lunge des Stadtviertels. Der Hoeschpark wurde im Zweiten Weltkrieg 1941 eröffnet.

Radfahren auf Trümmern von Dortmund

Zwar existiert heute in Dortmund keine Radrennbahn mehr, dafür gibt es aber eine Trainingsstrecke: Die Dortmunder Niere. Der Name bezeichnet die nierenförmige Form des 798 m langen asphaltierten Rundkurses, der 1980 auf einer Brachfläche südlich des Westfalenparks zwischen Bahnlinie und Emscher auf einer Aufschüttung der Weltkriegstrümmer angelegt wurde.

Das Emschertal hieß vor dem ersten WeltkriegKaiser Wilhelm Thal“, ein damals sehr beliebtes Ausflugsziel für die Dortmunder Bevölkerung. Hier lag die zweite Radpiste, die 1894 von den beiden Radfahrer-Vereinen „Vehmlinde“ und „Vorwärts“ erbaut wurde.

Dortmunds Velodrom

Um auch bei widrigen Witterungen Radrennen und andere Großveranstaltungen zu ermöglichen, wurde im Jahr 1925 die Westfalenhalle als Holzkonstruktion gebaut. Mit einem Fassungsvermögen von 15.000 Besuchern galt sie damals als größte Halle Europas. Von 1926 bis 2008 fanden hier insgesamt 67 Sechstagerennen statt. Zwischen 1935 und 1951 wurden keine Rennen durchgeführt, da kommerzielle Rennsport von den Nationalsozialisten nicht gewünscht war. Verboten wurden die Radrennen zwar nicht, aber sie wurden durch Verordnungen und Auflagen derart erschwert, dass sich die Austragung von Rennen in Deutschland nicht mehr lohnte. Mit Kriegsbeginn wurde die Halle beschlagnahmt und als Kriegsgefangenenlager genutzt. Am 23. Mai 1944 starben tausende Kriegsgefangene bei einem Bombenangriff in der zerstörten Halle.

Im Jahr 1952 wurde ein Neubau errichtet, die wiederum eine Radrennbahn enthielt. Der letzte Sieger im Sechstagerennen 2008 war der Fröndenberger Erik Zabel. Nach Doping-Skandalen zog sich der Sponsor des Dortmunder Sechstagerennens „Rewe“ zurück. Die Westfalenhalle wurde umgebaut und die Radrennbahn aus der Halle entfernt.

Pausieren im Park

Auf dem ehemaligen Gelände der Zeche Tremonia entstand neben Wohnungen, Gewerbeansiedlungen ab dem Jahre 2000 auch der 10 ha große Tremoniapark, der zu einer Tourunterbrechung einlädt. In einer Kleingartenanlage liegt hier die Gaststätte Tremonia. Auf der Zeche Tremonia wurde ab 1861 bis zum Jahr 1953 Kohle abgebaut. Als ein Versuchsbergwerk wurde sie bis zum Jahr 1996 weitergeführt.

Fahrräder made in Dortmund

Als älteste Fabrik in Deutschland produzierte die Velocipedfabrik Dissel & Proll ab dem Jahr 1879 Hochräder. Die Fabrik lag an der Schützenstraße 12 westlich des heutigen Hauptbahnhofes. Wie damals üblich, besaß Dissel & Proll eine eigene Fahrschule, da das Fahren eines Hochrades wegen seiner Gefährlichkeit viel Anweisung und Übung erforderte. Neben Bicycles (Zweiräder) wurden in Dortmund auch Tricycles (Dreiräder) produziert. Diese hatten zwar einen höheren Rollwiderstand und die Fahrt war auf holprigen Straßen unbequem, aber die Fahrt war ungefährlich und auch für weniger sportliche Menschen möglich.

Wilhelm Stutznäcker aus Dortmund gründete 1872 eine Maschinenfabrik. Sie lag zunächst am Westenhellweg 64 und später in der Schützenstraße 81. Seit 1886 Fahrräder produzierte Stutznäcker Fahrräder unter anderem seit 1890 die berühmten „Vehmlinde-Fahrräder“. Später wurde dann der Markenname Regent verwand. In dieser Fabrik arbeitete auch Heinrich Horstmann aus Hamm-Heessen, der 1895 als 17jähriger auf einem Regent-Fahrrad  in Dortmund startete, um in zwei Jahren die Welt zu umrunden.

Der Fredenbaumpark

Die erste Rennbahn erstellte der Radfahrer-Verein „Vehmlinde“ im Fredenbaumpark. Schon im Herbst 1886 gab es hier ein Herbst-Wettfahren. Am 17. Mai 1893 wurde über ein Zwölf-Stunden-Rennen am Fredenbaum in Dortmund berichtet. Es war als eine Vorprüfung für eine Fernfahrt Wien-Berlin geplant. Während des Rennens wurde den Teilnehmenden Speisen und Getränke auf dem Rade gereicht. Der Sieger war ein Herr Kux aus Dortmund. Er legte in zwölf Stunden 317 km zurück.

Im August 1898 hielt der Deutsche Radfahrer-Bund seinen 15. Bundestag in Dortmund ab. Ein besonderes Highlight fand hierzu im Fredenbaumpark statt - eine „Fahrrad-Ballonfahrt“. Die Luftschifferin Käthchen Paulus  aus Frankfurt stieg mit ihrem Ballon, der die Form „einer großen Leberwurst“ hatte, vor 10.000 Zuschauern auf. Sie saß auf einem eisernen Gestell mit einem durch Muskelkraft über Ketten angetriebenen Propeller. Lenkbar soll dieser Ballon wohl nicht gewesen sein. Sie fuhr mit ihrem Luftschiff bis Havixbeck bei Münster.

In der Jetztzeit beherbergt der Fredenbaumpark die Jugendverkehrsschule, wo unter anderem der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Radfahrtraining für Grundschüler*innen durchführt.

Selbsthilfewerkstatt und vegane Küche - Die VeloKitchen Dortmund

Unser Tourenvorschlag endet in der Jetztzeit in der VeloKitchen Dortmund in der Bornstraße 138. Seit 2011 gibt es diese Selbsthilfefahrradwerkstattküche. Fahrradverrückte schrauben und kochen seit nun 10 Jahren jeden Montag ab 18:00 Uhr. Sie freuen sich auf Euren Besuch, bekämpfen Euren Hungerast und hauchen Euren Drahteseln eine neue Leichtigkeit ein.

Downloads

Route zur Tremonia-Runde

Copyright: ADFC Unna

1226x1078 px, (JPG, 128 KB)

Steuerkopfschild der Marke Tremonia

1955x2633 px, (JPG, 4 MB)

Radrennbahn im Hoeschpark

Copyright: Werner Wülfing

2000x1500 px, (JPG, 474 KB)

Dortmunder Niere

Copyright: Von Joehawkins - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0

2000x1125 px, (JPG, 359 KB)

Alte Westfalenhalle um 1926

1500x970 px, (JPG, 184 KB)

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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