Durch Dortmunds dunkle Zeiten
Ein Tourenvorschlag von Werner Wülfing
• Start: Rathausplatz Unna
• Länge: 60 km
• Schwierigkeit: leicht
Auf unserer 60 Kilometer langen Radtour wollen wir Orte des Verbrechens der Nazidiktatur im Raum Unna-Dortmund erfahren.
Wir starten unsere Radtour auf dem Rathausplatz in Unna. Das ehemalige Rathaus lag 60 m weiter südlich an der Bahnhofstraße in Unna, die im Dritten Reich an der Adolf-Hitler-Straße hieß.
Ecke Mozartstraße/Mühlenstraße liegt das heutige katholische Bonifatius-Heim. In der Nazi-Zeit war dieses Haus das 'Israelitische Altersheim für Westfalen'. Im Jahr 1942 wurde ein Großteil der Heimbewohner und Mitarbeiter in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Am Oberen Kohlenweg führt die Radroute an dem Mahnmal für die Unnaer Zwangsarbeiter vorbei.
Die Hölle von Westdeutschland
Die heutige Steinwache in Dortmund ist eine Mahn- und Gedenkstätte an die Zeit des Nationalsozialismus und beherbergt die ständige Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933–1945“ des Dortmunder Stadtarchivs.
Die Polizeiwache an der Steinstraße, die Steinwache, entstand 1906 als Sitz des für die nördliche Innenstadt zuständigen 5. Polizeireviers. 1926/27 wurde das ursprüngliche Jugendstilgebäude erweitert. Im Stil der Neuen Sachlichkeit wurden neben der ursprünglichen Wache ein fünfstöckiger Verwaltungs- und ein ebenfalls fünfstöckiger Gefängnisbau errichtet, die zusammen mit dem Verbindungstrakt dazwischen und einer Mauer den Gefängnishof umschlossen. Das Gefängnis war ab 1928 bezugsfertig und gehörte zu den modernsten Gefängnissen Deutschlands.
Ab 1933 nutzte die neugegründete Geheime Staatspolizei (Gestapo) die Einrichtungen der „normalen“ Polizei und so wurde die Steinwache bald nicht nur zum Gefängnis für die von der Gestapo verfolgte politische Opposition der Nationalsozialisten, sondern auch Ort brutaler Verhöre und Folterungen. Schnell als „Hölle von Westdeutschland“ bekannt, waren es in den ersten Jahren nach 1933 in erster Linie Angehörige der in Dortmund traditionell starken kommunistischen und sozialdemokratischen Milieus, die durch die Gestapo hier in „Schutzhaft“ genommen wurden.
Zwangsarbeiter sterben beim Bombenangriff auf die Westfalenhalle
Um auch bei widrigen Witterungen Radrennen und andere Großveranstaltungen zu ermöglichen, wurde im Jahr 1925 die Westfalenhalle als Holzkonstruktion gebaut. Mit einem Fassungsvermögen von 15.000 Besuchern galt sie damals als größte Halle Europas. Von 1926 bis 2008 fanden hier insgesamt 67 Sechstagerennen statt. Zwischen 1935 und 1951 wurden keine Rennen durchgeführt, da kommerzielle Rennsport von den Nationalsozialisten nicht gewünscht war. Verboten wurden die Radrennen zwar nicht, aber sie wurden durch Verordnungen und Auflagen derart erschwert, dass sich die Austragung von Rennen in Deutschland nicht mehr lohnte. Mit Kriegsbeginn wurde die Halle beschlagnahmt und als Kriegsgefangenenlager genutzt. Am 23. Mai 1944 starben tausende Kriegsgefangene bei einem Bombenangriff in der zerstörten Halle.
Im Jahr 1952 wurde ein Neubau errichtet, die wiederum eine Radrennbahn enthielt. Der letzte Sieger im Sechstagerennen 2008 war der Fröndenberger Erik Zabel. Nach Doping-Skandalen zog sich der Sponsor des Dortmunder Sechstagerennens „Rewe“ zurück. Die Westfalenhalle wurde umgebaut und die Radrennbahn aus der Halle entfernt.
Radfahren auf den Trümmern von Dortmund
Zwar existiert heute in Dortmund keine Radrennbahn mehr, dafür gibt es aber eine Trainingsstrecke: Die Dortmunder Niere. Der Name bezeichnet die nierenförmige Form des 798 m langen asphaltierten Rundkurses, der 1980 auf einer Brachfläche südlich des Westfalenparks zwischen Bahnlinie und Emscher auf einer Aufschüttung der Weltkriegstrümmer angelegt wurde.
Verbrechen im Stadtwald Bittermark
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurden im Stadtwald Bittermark durch die Gestapo Kriegsverbrechen begangen. Ostern 1945 wurden vom 7. März bis 12. April unmittelbar vor der Besetzung der Stadt durch US-Truppen auf einer Waldlichtung in der Bittermark, im Rombergpark und auf dem Eisenbahngelände zwischen Hörde und Berghofen 300 Widerstandskämpfer und Zwangsarbeiter aus dem Hörder Gestapo-Keller ermordet. Seit 1960 erinnert das Mahnmal Bittermark vom Künstler Karel Niestrath an die Verbrechen. Jährlich an Karfreitag findet hier eine Gedenkfeier zu Ehren der Opfer statt.