Die um 1908 entstandene Ansichtskarte zeigt einen Blick vom Bahnhofsplatz die Straße hinauf. Im Eckhaus vorn rechts befand sich damals die Fahrradhandlung von Walter Staby. © museum-digital: westfalen
Anno 1897 - Überproduktion auf dem Fahrradmarkt
Harte Konkurrenz für Unnas Radhändler aus Amerika
Die Vielzahl der neuen Fahrradfabriken führte schon im Sommer und Herbst 1897 zu einer starken Überproduktion. Der nasse Sommer des Jahres 1897 bewirkte zudem ein weiteres Absinken der Nachfrage. Die Lager der Händler blieben daher im Herbst 1897 gefüllt.
Amerikanische Konkurrenz
Zusätzlich verschärft wurde die Lage der deutschen Fahrradproduzenten durch die amerikanische Konkurrenz. Betrug die Produktion in Amerika 1885 noch ca. 10.000 Stück, so „stieg diese sprunghaft im Jahre 1890 auf ca. 40.000 Stück, im Jahre 1894 auf 200.000 Stück, im Jahre 1895 auf 600.000 Stück und 1897 bereits auf 1 Million Stück.“ Der amerikanische Markt wurde durch hohe Einfuhrzölle von 45% geschützt, wohingegen das Deutsche Reich damals einen Eingangszoll von 1% auf Fahrräder verlangte. Anfang 1898 stieg die Einfuhr amerikanischer Räder um 850 % gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Fallende Preise bei einer gleichzeitigen Verteuerung der Rohstoffe brachte einen großen Teil der Fahrradproduktion im Deutschen Reich zum Erliegen.
In Unna vertrieb im Jahr 1898 August Rogge auf der Bahnhofstraße 20 amerikanische Fahrräder für 150 und 180 Mark (Bild 1). Stabys Räder kosteten laut Katalog im gleichen Jahr 225 bis 275 Mark. Im September 1900 bot er neue Fahrräder bereits für 110 Mark zum Verkauf und warb mit kostenlosem Fahrunterricht; im Jahr 1902 kosteten seine Räder nur noch 90 Mark.
Staby bewirbt Roverkönig deutschlandweit
Staby bot seiner Kundschaft eine Radfahr-Lehrbahn an. Sie lag wie auch seine Verkaufsräume an der Kaiserstraße 5 (Bild 2). Die Räumlichkeiten in der Kaiserstraße reichten wohl nicht aus, denn ab Oktober 1899 ist auch eine zweite Verkaufsstelle in der Kleinen Bahnhofstraße 1 erwähnt (Bild 3). Die Kleine Bahnhofstraße, die ab 1945 Katharinenstraße und ab 1981 „An der Katharinenkirche“ hieß, wurde zugunsten des Rathausneubaus im Jahr 1988 aufgegeben. Die alte Fahrradhandlung von Staby lag an der heutigen Rathausnordseite gegenüber der Radstation.
Walter Staby bewarb seine Fahrradmarke reichsweit und suchte Vertreter (Bild 4). Eine hochwertige Werbung erschien 1898 zielgruppenscharf in der Festschrift zum 12. Kongress der Allgemeinen Radfahrer-Union zum Kongress in Eisenach. Eine weitere reichsweite Werbung für die Marke Roverkönig erschien in der illustrierten Zeitung „Die Woche“ (Bild 5). Die Darstellung eines Ausrufers auf Pedespeed-Rädern war in damaliger Zeit eine neue Art der Bildsprache, die 2008 in einer Dissertation eine späte Würdigung fand. Erstellt wurde dieser Druckstock aber bereits 1897 im Jahr der Geschäftsübernahme durch Walter Staby, wie die mehrfachen Annoncen im Hellweger Anzeiger und Boten mit demselben Image belegen.
Starke Werbeträger waren damals Plakate. Auch Staby nutzte diesen Werbeträger. Im Jahr 1985 wurde ein Roverkönig-Plakat in Chicago mit einem Erwartungswert von 1.200 bis 1.500 Dollar versteigert (Bild 6).